Lehren aus den USA

Wie extreme Rechte erst eine Partei und dann ein ganzes Land übernehmen

Annika Brockschmidt
22. Oktober 2024, 19:30 Uhr
Schlachthof Wiesbaden

Annika Brockschmidt

Wann sind die US-Republikaner in eben jenen Extremismus abgedriftet, der heute eine Wiederwahl von Donald Trump denkbar macht? Lassen sich die Hintergründe und Prozesse eines solchen Abdriften analysieren und übertragen? Was bedeutet ein Sieg von Donald Trump für deutsche Rechtsextremisten und für die Positionierung der Parteien in Deutschland?

Der Vorwurf des Wahlbetrugs, ein vom scheidenden Präsidenten aufgehetzter Mob, der das Kapitol stürmt – die US-Republikanische Partei setzt schon länger alles daran, eine autoritäre Herrschaft etablieren. Mittlerweile haben sich neben Trump fast alle Wortführer der Partei nationalistische, offen autoritäre und rassistische Ansichten zu eigen gemacht. In der Partei herrscht ein offen gezeigter antidemokratischer Geist. Mit dramatischen Konsequenzen: Inzwischen werden in republikanisch regierten Bundesstaaten die Rechte von Minderheiten beschnitten, Bücher verboten, der Geschichtsunterricht zensiert und das Recht auf Abtreibung abgeschafft.

Mahnendes Beispiel für europäische Konservative

„Plakative Vergleiche der Situation in Deutschland mit jener in den USA sind wenig hilfreich, dazu bestehen zu viele Unterschiede zwischen beiden Ländern, vom politischen System bis hin zur Religionslandschaft“, sagt die Journalistin und USA-Kennerin Annika Brockschmidt. Doch der heutige Zustand der Republikanischen Partei müsse für europäische Konservative als mahnendes Beispiel dafür dienen, was passiert, wenn man sich mit Extremisten einlässt. „Von nun an – es mag noch so pathetisch klingen – steht bei jeder der kommenden Wahlen in den USA nicht weniger als die amerikanische Demokratie auf dem Spiel“, so Brockschmidt.

Annika Brockschmidt zeichnet in ihrem Buch „Die Brandstifter – Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen“ den Weg dieser Partei in den „Trumpismus“ nach und stellt ihre wichtigsten Akteur:innen vor. Sie zeigt auf, wie die Partei lange vor Trump und der „Tea Party“ mit rechten Themen die politische Bühne bespielte. Dabei wird deutlich, wie eng bei- und nebeneinander Rechtsextremismus und Konservatismus in den USA schon immer waren. Brockschmidt berichtet, wie historische Entwicklungen und Machtkämpfe die Partei geprägt und radikalisiert haben – und warum das Ergebnis der Präsidentschaftswahl 2024 nicht nur für die USA von entscheidender Bedeutung sein wird.

Konservative müssen sich vom Rechtsextremismus abgrenzen

Annika Brockschmidt betont die Notwendigkeit für Konservative, sich vom Rechtsextremismus eindeutig abzugrenzen und beschreibt die destruktive Entwicklung, die folgt, wenn Konservative stattdessen glauben, „die radikalen Elemente in den eigenen Reihen kontrollieren und für sich politisch nutzen zu können“.

Moment mal! fragt Annika Brockschmidt:

» Wie sind die US-Republikaner in jenen Extremismus abgedriftet, der heute eine Wiederwahl von Donald Trump denkbar macht? Wurde die Partei gekapert oder hat sie sich selbst radikalisiert?

» Wer sind diejenigen, die heute die rechtsradikale Ausrichtung der Republikaner bestimmen? Welche Rolle spielen Evangelikale, die Verschwörungsszene, die Bewegung der Alt-Right, gewaltbereite Milizen und Krawall-Medien?

» Welche Realisierungschancen hat das berüchtigte „Project 2025“, jener Plan zur Umgestaltung der US-Exekutive nach einem Sieg Trumps, das z.B. den Austausch aller „illoyalen“ Staatsbediensteten vorsieht?

» Ist es möglich, dass sich in den USA etwas wie Mussolinis Faschismus etabliert, der seine Gegner mittels autokratischer Justizwillkür verfolgt und ausschaltet?

» Kann es für die Grand old Party einen Weg zurück geben zu einer Partei, die sich konstruktiv an der Bewältigung eines politischen Alltags beteiligt?

Annika Brockschmidt hat Geschichte, Germanistik und War and Conflict Studies studiert. Sie arbeitet als Journalistin, Autorin und Podcast-Produzentin. Sie beschäftigt sich vor allem mit Themen wie der religiösen Rechten in den Vereinigten Staaten. Ihr Buch „Amerikas Gotteskrieger“ über die Macht der Religiösen Rechten in den USA war 2021 ein Bestseller. Aktuell erschienen: „Die Brandstifter: Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen“

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